Haben Sie heute schon ein Schaf umarmt?

Haben Sie heute schon ein Schaf umarmt?

Ein Schaf umarmen – was ist das denn für eine absurde Idee? Zumindest eine ungewöhnliche, das geben wir zu. Doch am letzten Samstag im Oktober ist tatsächlich National Hug a Sheep Day, zumindest in den USA. Wieder so ein kurioser Feiertag, könnte man meinen. Doch je länger wir darüber nachdenken, desto schöner finden wir den Gedanken dahinter.

Es soll ein Tag sein, der uns daran erinnert, wie viel uns mit Schafen verbindet. Denn sie begegnen uns öfter, als wir denken – auch wenn kein einziges in Sicht ist. In unseren Decken, in unseren Socken, manchmal sogar in unserer Hautcreme stecken ihre Wolle und ihr Fett. Sie pflegen Deiche und Magerwiesen. Und schleichen sich ganz nebenbei in unsere Sprache ein. Da gibt es das schwarze Schaf, den Neidhammel, den Schafskopf und, im Schwäbischen, den „Schofseggel“. Wieder ein anderer ist lammfromm. Wer sich einmal umhört, merkt schnell: Schafe sind überall. Und das nicht erst seit gestern.

Schafe begleiten die Menschheit seit Jahrtausenden

Schon in biblischen Geschichten ziehen Hirten mit ihren Herden durchs Land. Im alten Ägypten trug der Gott Chnum einen Widderkopf und wurde verehrt. Das Bild vom Hirten steht bis heute für Fürsorge und Orientierung. Schafe waren nie nur Lieferanten von Wolle und Fleisch, sie waren Sinnbild für Gemeinschaft, Genügsamkeit und Friedfertigkeit.

Auch heute noch ist das Schaf einer der treuesten Begleiter des Menschen: vom norwegischen Pelzschaf über das westafrikanische Zwergschaf bis zum australischen Merino. Dort leben mehr als 150 Millionen Schafe. Das sind etwa 7,5-mal so viele wie Menschen. Die Namen der Schafsrassen erzählen von Herkunft, Aussehen oder Lebensraum. So wie die Moorschnucke, das Scottish Blackface oder das Tiroler Bergschaf. Gemeinsam sind ihnen ihre Genügsamkeit und die Fähigkeit, sich unterschiedlichsten Bedingungen anzupassen: an Höhenluft oder Steppengras, an Regen, Wind oder Hitze.

Cober Fuchsschafe Porträt Finkhof im Allgäu

Schafe geben viel – seit jeher. Sie liefern Wolle, Fleisch und Milch. Auch das Fell wird genutzt: In unserer eigenen Fellnäherei verarbeiten wir Schaffelle aus Süddeutschland zu Decken, Kissen, Fellschuhen oder Fahrradsattelbezügen. Das Schaf ist ein stiller Partner des Menschen, abgesehen von ein wenig Geblöke hier und da. Ein Lieferant von Wärme, Nahrung und Geborgenheit. Kein Wunder also, dass es die Menschheit seit Jahrtausenden begleitet. Manchmal wünscht man sich fast, eins als Haustier zu halten.

Beeilen Sie sich besser damit. Denn die Zahl der Schafe in Deutschland sinkt seit Jahren. Und das hat Folgen.

Eine gefährdete Tradition

Die Zahl der Schafe – und der Menschen, die sich um sie kümmern – nimmt in Deutschland seit Jahren ab. Auch wir merken das. Es wird immer schwieriger, regional gewonnene Schafwolle in guter Qualität zu bekommen. Und wir verstehen, warum: Schäferei ist ein harter Beruf. Es fehlt an Nachwuchs, an Unterstützung und an Perspektive. Die Arbeitstage sind lang, der Lohn gering und die Herausforderungen wachsen: Verantwortung für die Tiere, für die Flächen, für den Erhalt einer Kulturform. Und immer öfter kommt der Wolf ins Spiel.

Finkhof Schafherde bei der Wanderung von Herrot nach Arnach

Dabei sind Schafe für unsere Landschaft mehr als nur Bewohner: Sie gestalten sie mit. Seit Jahrhunderten pflegen sie durch Beweidung Wacholderheiden, Trockenrasen und Magerwiesen, wertvolle Biotope, die ohne sie verschwinden würden. Schafe verbreiten Pflanzensamen, tragen Insekten von Weide zu Weide und schützen durch ihre Tritte alpine Böden oder Deiche vor Erosion. Kein anderes Nutztier ist so tief mit der mitteleuropäischen Kulturlandschaft verbunden.

In unserem Kooperationsbetrieb, dem Falkenhof, lebt heute noch die Finkhof-Herde mit rund 100 Coburger Füchsen, einer vom Aussterben bedrohten Schafrasse. Sie sind Teil unserer Geschichte. Und auch wenn die Herde kleiner ist als früher, sind wir stolz darauf, sie weiterzuführen – 45 Jahre nach unserer Gründung. Doch sie allein könnten niemals all die Wolle liefern, aus der unsere Produkte entstehen. Denn ein Pullover benötigt ganz schön viel Schaf.

Wie viel Wolle gibt ein Schaf im Jahr?

Ein durchschnittliches Hausschaf gibt etwa 3 bis 6 kg Rohwolle pro Jahr. Bei einigen Rassen sind sogar bis zu 10 kg möglich. Doch bevor daraus Pullover, Decken oder Mützen werden, muss die Wolle gewaschen werden – gründlich. Denn ein Drittel bis die Hälfte muss raus, hauptsächlich Fett und Schmutz. Erst nach dem Waschen beginnt die eigentliche Verarbeitung.

Das ist die Wolle, aus der unsere Produkte entstehen. Und auch das Nebenprodukt findet Verwendung: Das natürliche Wollfett, Lanolin genannt, steckt in unserer Naturkosmetik.

Pflanzengefärbter Schal wird beim Finkhof von hand gewebt

Den gesamten Weg der Wolle begleiten wir aktiv. Vom Einkauf der Rohwolle über die Verarbeitung bis zum fertigen Kleidungsstück entsteht vieles in enger Zusammenarbeit mit unseren Partnerbetrieben. Und manches direkt bei uns vor Ort: geschneidert in unserer Stoffnäherei oder gewebt in unserer Handweberei, zu Türvorhängen oder Schals.

Und was ist jetzt mit der Umarmung?

Wer schon einmal versucht hat, ein lebendiges Schaf zu umarmen, weiß: Sie lassen sich nicht gern fangen. Versuchen Sie das ruhig mal ohne Hütehund – wir wünschen viel Vergnügen! Und ganz so romantisch ist es dann auch nicht: Das Fell ist fettig und riecht. Manch böse Zunge würde sogar sagen, es stinkt. Außerdem hängen oft noch Spuren vom letzten Weidegang darin. Ein Schaf ist eben keine Katze.

Aber wir hätten ein paar Alternativen: Machen Sie es sich bequem – mit einer Wolldecke, dicken Wollsocken, einem feinen Merinoschal, einer Jacke aus ungefärbter, regionaler Wolle oder einem kleinen Kuschellamm. Unsere Landschaft und Ihr Körper werden es Ihnen danken.

Finkhof Kuschellamm für Kinder auf Moos

In diesem Sinne: Umarmen Sie sich heute selbst. Und denken Sie kurz ans Schaf, wenn Sie das nächste Mal Ihre Wollsocken anziehen. Auch wenn es sich nicht gern umarmen lässt.
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